Interview mit dem Trainer der 1. Mannschaft, Göksan Arslan, zur kommenden Saison 2023/24

 

Viktoria Buchholz: Puuh, Einteilung in die Düsseldorfer Gruppe mit Gegnern quasi bis kurz vor Köln. Was sagst du dazu und wie schätzt du diese Gruppe ein?

Göksan Arslan: Das kam für mich absolut unerwartet und mir fehlt da auch ein Stück weit das Verständnis. Diese Strecken, die wir jetzt fahren müssen, muss man erstmal logistisch hinkriegen. Förderlich sind solch lange Fahrten nicht. Daneben ist die Düsseldorfer Gruppe für ihre Stärke bekannt. Es wird ganz bestimmt eine schwierige Saison. Aber eine richtige Einschätzung kann ich dir noch nicht geben. Ich werde mir erstmal ein paar Testspiele von unseren zukünftigen Gegnern angucken, um das Niveau richtig einzuordnen. Jedenfalls wird das alles kein Zuckerschlecken.

Mir tut das richtig weh, dass wir bei so viel Duisburger Mannschaften nicht in einer Liga sind. Wir hätten so viel spannende Derbys spielen können. Das wäre für die Zuschauer, die Spieler und für die Trainerteams deutlich schöner gewesen. Ganz abgesehen von den Einnahmen. Und die langen Auswärtsfahrten kosten natürlich auch einiges, da müssen wir erstmal sehen, wie wir uns da aufstellen. Gut vorstellbar, dass wir für lange Fahrten Busse verwenden. Dazu haben wir drei Mittwochsspiele. Die werden wohl um 19.30 Uhr angesetzt. Wenn wir eine Stunde fahren müssen, wird das auch schwierig, dass alle Spieler pünktlich sein können. Gut vorbereitet ins Spiel reinzugehen, sieht definitiv anders aus…

Also, ich sag es mal so: Ich bin nicht so glücklich mit der Einteilung. Auf der anderen Seite ist eine neue Gruppe mit neuen Mannschaften, sportlich gesehen, auch interessant. Deshalb wollen wir nicht jammern. Wir werden es angehen!

VB: In der Rückrunde der letzten Saison gab es überproportional viele Gegentore im Vergleich  zur Hinrunde, als wir die beste Abwehr hatten. Nun gab es ein Testspiel gegen den A- Kreisligisten Croatia Mülheim und es stand nach einer Stunde 0:5 (Endstand 3:5). Kannst du das erklären?

GA: Schauen wir mal auf den Beginn der letzten Rückrunde. Wir haben mit Timo Mohr einen sehr guten Torwart verloren. Das war sicher ein Faktor. Daneben hatten sich viele wichtige Spieler verletzt und sind ausgefallen. Erstaunlicherweise sind dazu auch viele Spieler im Urlaub gewesen. Dadurch hatten wir in der gesamten Rückrunde nur wenige Spieler, die richtig fit gewesen sind. Hinzu kam, dass wir die ersten Spiele nicht erfolgreich absolviert hatten, so sind wir in einen Abwärtsstrudel geraten. Das Selbstvertrauen schwand, einige Spieler wurden unsicher. Den einen Pass spielt man dann doch lieber zurück, es schlichen sich Fehler ein. Wir haben als Trainerteam versucht, darauf einzuwirken bzw. etwas zu verändern. Wir standen tiefer. Der Fokus lag auf der Defensive. Doch wir bekamen weiterhin viel zu viele Gegentreffer. Wir arbeiten daran, dass das in der neuen Saison nicht passiert.

Ja,  Croatia ist ein A-Ligist. Die haben aber qualitativ richtig gute Spieler, die aus Bezirks- und Landesliga dazugestoßen sind. Die haben das clever gemacht. Standen tief hinten drin und warteten auf unsere Fehler. Sowas liegt uns nicht so sehr, wir wollen schon Fußball spielen. Die ersten vier Tore sind nach individuellen Fehlern in der Vorwärtsbewegung gefallen, wo wir unnötigerweise den Ball verloren haben. Eine Szene war total kurios, als einer der Innenverteidiger dachte, der Ball sei im Aus, er war jedoch noch im Feld. Dann noch zwei Abspielfehler… Und wenn du dann einen Gegner hast, der vorne gute Qualität hat, dann bestrafen die das. Dazu kam auch wieder unsere mangelnde Torausbeute. Auch gegen Croatia hätten wir schon früh das ein oder andere Tor erzielen können. Wir müssen an dieser Abschlussschwäche arbeiten. Wenn man nämlich selbst schnell Tore macht, läuft so ein Spiel auch mal schnell ganz anders. Das sind die Baustellen, die wir jetzt in der Vorbereitung angehen.

VB: In den letzten Jahren hat die Viktoria in der Bezirksliga immer eine gute Rolle gespielt. Was ist das Ziel für die anstehende Saison?

GA: Der Anspruch der Viktoria ist, relativ weit oben mitzuspielen. Das soll auch so bleiben. Ich möchte auch nicht, dass sich daran irgendetwas ändert. Aber eine richtige Einschätzung kann ich dir erst geben, wenn wir unsere Testspiele absolviert haben und ich mir auch ein paar kommende Gegner mal angeschaut habe.

VB: Du hast den Überblick über die Zu- und Abgänge in der Mannschaft. Welche Abgänge schmerzen, welche Zugänge geben Hoffnung?

GA: Der Abgang von Philipp Kuschel tut uns weh. Er hatte ein gutes Standing in der Mannschaft, war charakterlich und in der Defensivarbeit stark. Auch bei unseren Standards war er immer ein Faktor und für das ein oder andere Tor gut. Bei Marc Lacroix sehe ich das genauso. Spielerisch vielleicht nicht immer auf höchstem Niveau, hatte er aber zum Ende der Saison einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Ich habe ihm gesagt, dass ausgerechnet jetzt, wo ich ihn da habe, wo ich ihn sehe, er uns verlässt. Sein Weggang hatte aber ausschließlich logistische Gründe. Dann Philipp Schmitt, dessen Weggang auch weh tut. Er hört aus privaten Gründen auf. Das ist wirklich sehr schade, weil ich finde, dass er einer der besten Außenverteidiger der Bezirksliga ist. In Richtung Kreisliga A hat uns Mahmut Savci verlassen (SG Süd 98/20). Das passt für ihn beruflich besser und er erhofft sich dort mehr Spielzeit, obwohl er bei uns 20 Einsätze hatte. Man darf nicht vergessen, dass er gerade aus der A-Jugend kam. Und natürlich schmerzt der Abgang von Tom Straub zum FC Neukirchen-Vluyn. Er war einer unserer Kreativspieler, ein guter Typ mit gutem Standing innerhalb der Mannschaft und auch im Trainerteam.

Einige Neuzugänge waren bisher noch gar nicht da wegen Krankheit, beruflicher Verhinderung oder Urlaub. Meine Beobachtungen vom ersten Spiel: Ibrahima Sall, gekommen von TuS Mündelheim, hat einen wirklich sehr guten Eindruck hinterlassen. Das erwarte ich aber auch von ihm und ich denke, er wird noch deutlich besser. Der Junge hat Bock, ist bei jeder Trainingseinheit dabei und gibt richtig Gas. Dann haben wir Ben Hampel, von Mülheim 07, dazu bekommen. Er ist linken Außenverteidiger und hat auch einen linken Fuß.. Auch er hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen. In Mülheim hatte er noch nicht so viele Einsätze. Er hat aber enormes Potenzial und wird sich mit wachsender Spielpraxis nochmal deutlich steigern, worauf ich mich sehr freue. Dann noch die bisherigen A-Jugendlichen, von denen bislang nur Nemat(ullah Mansoori) dabei war. Nemat ist ein begnadeter Techniker, der aber natürlich an der ein oder anderen Sache noch arbeiten muss. Dennoch ein absoluter Gewinn für uns. Dann noch die beiden Jungs aus Speldorf. Der Constantin (Redeker) macht richtig Spaß und hängt sich im Training voll rein. Der andere, Tiago (Nussbaum), ist bisher krank ausgefallen. Ein Königstransfer ist eher nicht mehr zu erwarten. Wir haben einen relativ großen Kader mit 24 Spielern. Sollte sich noch was ergeben, haben wir aber natürlich noch 1-2 Plätze frei und schlagen zu.

VB: Die A.Jugend spielt kommende Saison in der Niederrheinliga. Wie siehst du das perspektivisch für die 1. Mannschaft?

GA: Das ist wirklich eine große Sache für den Verein. Wir haben einen extrem engen Kontakt zum A-Jugend Trainer und zu Fabian Kewitz, dem sportlichen Leiter. Die A-Jugend liegt mir sehr am Herzen, weil ich die 2005er, gemeinsam mit Christoph Gebhard, schon als Trainer von den Bambinis an begleitet habe. Auch jetzt in der Relegation war ich involviert, habe mir die gegnerischen Mannschaften angeguckt, Analysen gemacht und an die Trainer weiter gegeben. Der gesamte Seniorenbereich wird davon profitieren, dass die A-Jugend jetzt Niederrheinliga spielt. Da sind jetzt schon einige Jungs drin, die in der 1. Mannschaft spielen können. Das Jahr Niederrheinliga wird sie nochmal entscheidend weiter bringen. Dazu kommen auch Spieler von extern, die wir auch gerne an den Verein binden möchten. Unsere Philosophie sieht das ja auch vor, dass wir mit vielen jungen Spielern arbeiten und ich erhoffe mir, viele gute Jungs bei der 1. Mannschaft miteinbinden zu können.

VB: Hast du dir ganz persönlich ein Ziel als Trainer gesetzt? Und wie wird dein Umgang mit der Mannschaft aussehen?

GA: Letztes Jahr war der Plan, gemeinsam mit der Mannschaft etwas auszuarbeiten, viel zu kommunizieren. Ich wollte die Jungs mitnehmen, auch was taktische Sachen anging. Das werde ich jetzt dieses Jahr nicht mehr machen. Wir haben letztes Jahr viel ausprobiert, in verschiedenen Formationen gespielt. Die Mannschaft konnte damit aber nicht so gut umgehen und hatte ihre Probleme damit. Die Jungs wollen so spielen wie immer, wie sie es die ganzen Jahre bei Viktoria Buchholz kennen gelernt haben. Das passt eigentlich nicht so zu meiner Idee bzw. Philosophie, nur denke ich, dass wir damit mehr Erfolg haben werden. Wer sich in seiner Rolle sicher fühlt, wird in der Regel eine gute Leistung zeigen. Großartige Experiment sind also vom Tisch, so sind auch Vorbereitung bzw. Trainingslager ausgelegt. Unser Fokus liegt beinah komplett auf Fitness, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Kondition, weniger auf taktischen Dingen.

Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen komisch, aber ich habe dieses Jahr ein anderes Gefühl bei der Mannschaft. Ich versuche das mal zu erklären. Letztes Jahr war das eine Mannschaft, die ich so von Maik Sauer übernommen hatte. Und dieses Jahr habe ich mehr das Gefühl, „Ja, das ist jetzt meine Mannschaft“! Meine Ansprache an die Mannschaft wird anders sein, wir werden als Trainerteam anders auftreten. Das soll nicht heißen, dass es nicht ein respektvolles Miteinander sein wird, aber die Geduld, die ich im letzten Jahr mit den Spielern hatte, die werde ich dieses Jahr definitiv nicht aufbringen. Mein Geduldsfaden wurde letztes Jahr überstrapaziert.

Das Interview führte Daniel Jung